Outsourcing bei Kanzleien

„Die größte Aufgabe ist der interne Sinneswandel“

Autor/en
  • JUVE

Baker & McKenzie lagert vielfältige Aufgaben, so etwa in der Markenverwaltung, schon seit Jahren in ein Servicecenter in Manila aus. Zuletzt eröffnete die Kanzlei in Belfast auch ein Servicecenter in der europäischen Zeitzone. Zuständig hierfür ist der Düsseldorfer Partner Dr. Sönke Becker, Mitglied im weltweiten Kanzleimanagement für M&A und dort für Effizienzsteigerung verantwortlich.

Teilen Sie unseren Beitrag

Baker & McKenzie lagert vielfältige Aufgaben, so etwa in der Markenverwaltung, schon seit Jahren in ein Servicecenter in Manila aus. Zuletzt eröffnete die Kanzlei in Belfast auch ein Servicecenter in der europäischen Zeitzone. Zuständig hierfür ist der Düsseldorfer Partner Dr. Sönke Becker, Mitglied im weltweiten Kanzleimanagement für M&A und dort für Effizienzsteigerung verantwortlich.

Sönke Becker
Sönke Becker

JUVE: Das Auslagern von Sekretariatsaufgaben, aber auch rechtlichen Tätigkeiten an kostengünstigere europäische Standorte ist im Trend. Baker hat vor einem halben Jahr in Belfast eröffnet. Welche Überlegungen stecken dahinter?
Dr. Sönke Becker: Unsere Kernmotivation ist natürlich, anfallende Kosten möglichst deutlich zu senken. Wir haben vor mehr als einem Jahrzehnt als eine der ersten internationalen Kanzleien Aufgaben nach Manila ausgelagert hat und machen dort sehr gute Erfahrungen. Die Qualität der Arbeit ist hoch, die Kosten sind über 50 Prozent niedriger als in Deutschland. Jetzt wollten wir auszulagernde Tätigkeiten inhaltlich verbreitern und haben eine Stadt in der hiesigen Zeitzone gesucht. Außerdem haben wir Risiken im Blick, die sich aus einer mangelnden Diversifikation unsere Support-Standorte ergeben könnten, wie etwa eine höhere Wahrscheinlichkeit von Naturkatastrophen.

Welche Faktoren sind bei einer solchen Auslagerung ausschlaggebend für die Wahl des Standortes?
Es ist ein Gesamtpaket, das stimmen muss. Wichtig ist neben niedrigen Arbeitskosten vor allem ein hohes Bildungsniveau. Die Stadt muss einen attraktiven Arbeitsmarkt bieten, etwa eine gute Lebensqualität und Mietsituation. Außerdem muss sie gut erreichbar und angebunden sein. Von Vorteil ist natürlich auch eine relative örtliche und sprachliche Nähe zu einem oder mehreren Büros mit hohem Kostendruck, wie beispielsweise London. In Belfast lässt sich das sehr gut an, wir haben bei Null angefangen und dort jetzt schon über 100 Mitarbeiter.

Was lagern Sie alles aus?
Ich nenne Ihnen ein mögliches Beispiel: Kollegen sind in Colorado und benötigen für ein Projekt eine kleine Powerpoint-Präsentation. Die dafür wesentlichen Informationen gehen als Foto eines Flip-Charts per Mail direkt nach Manila, ohne das eigene Sekretariat zwischenzuschalten. Eine Stunde später ist die Präsentation in Colorado. Ein weiteres Beispiel ist das Erstellen von Pitch-Unterlagen. Es sind aber zunehmend auch juristische Aufgaben, etwa das Durchsehen von Dokumenten, Due-Diligence-Prüfungen oder multinationale Koordinationsaufgaben. Bestimmte Rechtsgebiete bieten sich besonders an, etwa Corporate/M&A oder auch kartellrechtliche Themen. Als globale Sozietät sind wir für zentrale Auslagerungen natürlich prädestiniert.

Was arbeiten dort für Leute?
Das ist sehr unterschiedlich. Es sind einerseits Menschen aus der Region, aber auch aus anderen Sprachräumen. Es hat sich in Manila bewährt, dass wir die Aufgaben dort in mehreren Sprachen abdecken können, so sitzen dort auch Angestellte, die beispielsweise fließend Deutsch sprechen. Auch die fachlichen Hintergründe sind verschieden. Der Anteil der Arbeit, die juristische Erfahrung benötigt, wird höher. Wichtig ist unsere hohe Erwartungshaltung an unsere Mitarbeiter sowie die Qualität ihrer Arbeit.

Welche Probleme ergeben sich durch die Auslagerung?
Die größte Aufgabe ist es, zunächst intern den Sinneswandel herbeizuführen, ausgetretene Pfade zu verlassen. Der Zugriff auf ein Support-Center ist etwas anderes, als wenn ein Associate vor Ort oder das eigene Sekretariat Arbeiten erledigt. So gibt es Fragen, ob ausreichend Kontrolle vorhanden ist, die Qualität oder auch die Geschwindigkeit der Arbeit nachlassen könnte. Längerfristig im Auge behalten muss man zudem die mögliche Übersättigung eines Standorts, wenn der Wettbewerb um hochqualifizierte Mitarbeiter zu intensiv wird. Bislang ist dies für uns jedoch kein Problem.

Das Gespräch führte René Bender.

Artikel teilen

Gerne dürfen Sie unseren Artikel auf Ihrer Website und/oder auf Social Media zitieren und mit unserem Originaltext verlinken. Der Teaser auf Ihrer Seite darf die Überschrift und einen Absatz des Haupttextes enthalten. Weitere Rahmenbedingungen der Nutzung unserer Inhalte auf Ihrer Website entnehmen Sie bitte unseren Bedingungen für Nachdrucke und Lizenzierung.

Für die Übernahme von Artikeln in Pressespiegel erhalten Sie die erforderlichen Nutzungsrechte über die PMG Presse-Monitor GmbH, Berlin.
www.pressemonitor.de